Söder hat sich entschieden: Hubert Aiwanger bleibt im Amt.

Damit findet die heiß diskutierte Kontroverse ein Ende. Ohne die Entscheidung politisch abschließend politisch bewerten zu können, bleiben am Schluss viele Fragezeichen.   

Viele davon an Aiwanger gerichtet, denn er hat nicht offen erklärt, ob er als Jugendlicher tatsächlich rechtsextrem und Antisemit war oder nicht. Eine offene Kommunikation mit glaubhafter Erzählung seiner Wandlung wäre (wenn er es war, wir wissen es nicht) der beste Schritt gewesen. Schließlich kann sich jeder wandeln und ein Fehler in der Jugend darf nicht zur Brandmarke für das ganze Leben werden. Wozu sonst gibt es Nazi-Aussteigerprogramme?

Vergessen statt erklären

Jedoch nimmt Aiwanger den wenig eleganten, aber erfolgreichen Weg der Gedächtnislücken. So wie beispielsweise Scholz auch, der womöglich mit verantwortlich ist für den größten Steuerraub der jüngeren Geschichte und trotzdem unbehelligt regieren kann, beruft sich Aiwanger auf Lücken des Erinnerns. Was einerseits unglaubwürdig ist und anderseits das Gegenteil von offener Kommunikation. Schade.

Insgesamt scheinen wir in einem Politik-Zeitalter angelangt zu sein, in dem kein Skandal und kein Fehler so groß ist, dass irgendwer die Konsequenzen dafür tragen müsste. Im Notfall erinnert man sich nicht oder schweigt sich so lange aus, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Was aber auch irgendwie in die Entwicklung eines Landes passt, in dem man nicht mal mehr als Spitzenpolitiker individuelle Verantwortung trägt, sondern sich immer hinter den eigenen verletzten Gefühlen vor den Konsequenzen von Fehlleistungen oder Fehltritten verstecken kann.

Rechenschaft vor wem?

Logisch: Denn wenn Leistung nicht mehr maßgeblich für den Erfolg ist, dann ist es egal, wie schlecht ich arbeite. Wenn nur politische Seilschaften über die eigene Karriere entscheiden, dann muss ich mich nicht mehr vor den Bürgern rechtfertigen, sondern nur noch vor Parteikollegen und Koalitionspartnern. Deshalb muss man sich nicht mehr offen vor den Bürgern rechtfertigen, sondern nur parteiintern.

Insgesamt ist es wohl in Ordnung, dass Aiwanger bleibt. Es gibt wenig Indizien und keine Beweise. Und im Zweifel gilt der Angeklagte (der er medial ist) als unschuldig. Und er gilt als unschuldig so lange seine Schuld nicht bewiesen ist. Diese Grundlage ist eine Errungenschaft unseres Rechtsstaates und wir sollten daran auch in solchen Fragen nicht rütteln.

Der einfache Ausweg

Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack. Wenn man davon ausgeht, dass er Antisemit war, warum erzählt er es nicht. Wenn er es nicht war, warum bestreitet er nicht vehement alle Vorwürfe ohne Wenn und Aber. Wieder einmal bleibt ein Politiker eine vollständig offene und logisch nachvollziehbare Kommunikation schuldig.

Nicht, dass Aiwanger hier ein Einzelfall wäre. Er bedient sich wie alle anderen auch nur des einfachen Ausweges in der Ära der politischen Verantwortungslosigkeit.

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