Die Ereignisse in Stuttgart haben für Diskussionen gesorgt. Nach einer Drogenkontrolle an einem Jugendlichen in der Stuttgarter Innenstadt haben hunderte Randalierer die Polizei attackiert und für Verwüstungen gesorgt. 19 Polizisten wurden dabei verletzt. Man spricht von einer Schreckensnacht, in der die Kontrolle kurzzeitig vollkommen verloren ging.
Oberste Priorität ist die Politische Agenda
Seitdem herrscht, wie üblich, ein Meinungskampf über die Hintergründe und vor allem über die Täter. Das rechte Lager freut sich förmlich, dass ein überdurchschnittlicher Anteil der Festgenommenen keinen deutschen Pass hat und nimmt dies zum Anlass in ihrem Sinne zu hetzen.
Auf der anderen Seite verhält man sich nicht viel anders. Hier versucht man die eigene politische Agenda durch sehr offensichtliches Framing zu schützen. Man spricht von einer „Eventszene“, die außer Kontrolle geraten sei. Man ist unter allen Umständen bemüht die Hintergründe zu verschweigen oder abzulenken.
Hetze und Framing geben sich die Hand
Was zwar durchaus auf einem verständlichen Gedanken beruht. Man will, und das ist grundsätzlich absolut richtig, verhindern, dass über Flüchtlinge und auch über Deutsche mit Migrationshintergrund pauschalisiert wird. In der Tat ist es widerlich, wie die AfD jedes Mal versucht von den verhältnismäßig Wenigen auf die ganze Masse zu schließen.
Jedoch aber hilt es denen, die gut integriert sind, nicht, wenn man ganz offensichtlich bestimmte Details ausspart. Wenn man von einer „Eventszene“ spricht, so tut als sei das Tragen von Sturmmasken tägliche Praxis im allabendlichen Ausgehen, dann schadet das der Glaubwürdigkeit und vor allem auch dem integrativen Gedanken. Übersetzt hieße das nämlich, die Medien würden die Ausländer für grundsätzlich krimineller halten und deshalb die Notwenigkeit sehen, bestimmte Teile zu verschweigen.
Inkompetente AfD profitiert
Das aber funktioniert nicht. Hat es nie, wird es nie. Denn die Bemühungen umzudeuten, zu relativieren und zu verschweigen gehen in einer voll digitalisierten Welt, in der jeder die gleichen Direktquellen nutzen kann wie die Medienhäuser, nicht auf. Vielmehr fragen sich die Leute plötzlich, warum die Medien die Notwenigkeit sehen hier an der realen und objektiven Sichtweise zu rütteln.
Letztendlich ist es so, dass die AfD von einem daraus resultierenden Misstrauen profitiert. Oft schon habe ich mich gefragt, warum die AfD es überhaupt noch auf einen nennenswerten Prozentsatz an Zustimmung bringt. Ihre inhaltlich katastrophale und menschenfeindliche Politik findet nur noch einen ebenbürtigen Partner in der chaotischen und in ewige Richtungsstreits verwickelten internen Struktur.
Verlorenes Vertrauen
Es sind nicht die Geschehnisse in Stuttgart per se, sondern die viel zu häufig offensichtlich geframte und unehrlich Aufarbeitung, die das Vertrauen bricht und einige Leute weiterhin in die Arme der Populisten treibt. Würde man einfach immer alles so ansprechen, wie es ist, dann gäbe es die AfD vermutlich nicht mehr. Dazu gehört es auch zu erwähnen, wenn es einen übermäßigen Anteil an Tätern ohne deutschen Pass gab. Dies auszusprechen ist nicht rassistisch, sondern inhaltlich korrekt und berichtenswert, weil es sich um eine signifikante Auffälligkeit handelt. Jedoch, und das ist kein Widerspruch, verbietet sich jeder Anlass zur Verallgemeinerung außerhalb des Tatortes.
Rassistisch wird es nämlich dann, wenn man von diesen Tätern auf andere Menschen schließt, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, sondern nur zufällig die gleiche Herkunft, Augenfarbe haben oder die gleiche Muttersprache sprechen. Jeder Mensch ist ein Individuum. Deshalb sind rassistische Verallgemeinerungen zutiefst widerwärtig, sie erkennen dem Individuum sein Existenzrecht als eigenständige Person ab. Und sie sprechen dem Individuum Chancen ab nur aufgrund von Dingen, für die er nichts kann.
Weniger Hetze durch gute und sachliche Berichterstattung
Um den weit überwiegenden Teil vor rassistischen Verallgemeinerungen zu schützen ist es absolut notwenig ohne jede Färbung zu berichten. Und zwar exakt das, was ist. In dem gut gemeinten Übereifer die Menschen mit Migrationshintergrund zu schützen wird häufig großer Schaden angerichtet.
Denn erst durch diese Handlung wird der Verdacht geschürt es gäbe etwas zu verbergen. Das gibt es aber nicht. Denn weder sind Deutsche mit Migrationshintergrund oder Flüchtlinge bösere und schlechtere Menschen, noch hat die AfD in ihren endlosen Anschuldigungen recht. Wenn man aber offensichtlich nur Teile der Wahrheit erzählt, dann ist das wie eine ungewollte und fachlich falsche Zustimmung zur Hetze der Rechtspopulisten.
Good intention, bad outcome. Es wird Zeit dies zu verstehen.